Schwungvoll vom Berg ins Tal
Gaschurn (VN).
Das, woran in der Gemeinde Gaschurn niemand mehr geglaubt hat, wird nun tatsächlich Realität: Sobald es die Temperaturen zulassen, wird die in den vergangenen Monaten adaptierte Talabfahrt vom Skigebiet Silvretta Montafon nach Gaschurn künstlich beschneit. Somit wird der Schlusspunkt und gleichzeitig der Startschuss unter bzw. für das Projekt „Gesicherte, präparierte und beschneite Talabfahrt Gaschurn“ gesetzt.
Großes Aufatmen geht dabei vor allem durch die Reihen von Seilbahnunternehmen, Touristikern, aber auch den politisch Verantwortlichen der Kommune. Das Projekt „Talabfahrt Gaschurn“ hatte viel Geduld, Ausdauer, Durchhaltevermögen, vor allem aber Überzeugungskunst und Verhandlungsgeschick von allen gefordert. Doch schlussendlich können die Verantwortlichen beim Seilbahnunternehmen Silvretta Montafon und deren Mitstreiter, die Politiker der Innermontafoner Gemeinde, nach mehr als 30 Jahren einen Punkt hinter all ihre Bemühungen setzen.
Sichtbare Spuren
In jüngster Vergangenheit als Skiroute geführt, konnte die 7,5 Kilometer lange Piste von der Mittelstation der Versettla Bahn bis zu deren Talstation in den vergangenen Monaten fit für die offizielle Freigabe als Piste Nr. 60c (somit präpariert und beschneit) gemacht werden: Nach bewilligten und erfolgten Rodungen, Geländekorrekturen, den erforderlichen Drainagearbeiten, der Installation der umfassenden Beschneiungsanlage und dem eigentlichen Pistenbau schlängelt sich nun die neue Skiabfahrt erst entlang des Mittelmaisäß, dann sichtbar den Gundalatscherberg bis ins Tal hinunter. Weiters weisen die neu entstandenen Pumpstationen bei der Talstation und der Mittelstation der Versettla Bahn auf die Neuerungen hin: Diese versorgen die über 80 neuen Schneekanonen beziehungsweise -lanzen, die erst der neuen Piste entlang installiert und in diesen Tagen komplettiert wurden. Übrigens: Das erforderliche Wasser, damit das weiße Gold überhaupt produziert werden kann, wird aus der örtlichen Kraftwerksanlage der Illwerke entnommen und durch die bereits realisierten Zuleitungen den Pumpstationen zugeführt.
Reinheitsgebot und Zusatznutzen
„Wir bekennen uns dabei zum Reinheitsgebot: Wir verwenden ausschließlich Wasser und Luft für die Beschneiung“, wird hierzu auf der Homepage (www.talabfahrtgaschurn.at), die seitens der Silvretta Montafon und der Gemeinde Gaschurn extra zum Projekt eingerichtet wurde, ausdrücklich betont. Dort findet sich auch das Versprechen, mit der technischen Beschneiung Boden und Vegetation vor mechanischer Beschädigung durch den Skibetrieb und die Pistenpräparierung schützen zu können. Gleichzeitig nennen die Verantwortlichen eine fachgerechte Rekultivierung mit standortgerechtem Saatgut und Einsatz von organischen Düngern als ihren Anspruch und ihre Verantwortung.
Um den Eingriff in die Natur so gering wie möglich zu halten, habe man zudem die Gemeinde Gaschurn und die Vorarlberger Energienetze GmbH mit ins Bauboot geholt; die beiden Institutionen hatten im Zuge des Pistenprojekts einerseits die Trinkwasserversorgung, andererseits die Stromversorgung in den Baubereichen erneuert und gleichsam auf Vordermann gebracht.
12-Millionen-Euro-Kick
Rechtzeitig zur bevorstehenden Wintersaison konnten nun Bagger, Schaufel und Co. abtransportiert werden. Somit steht der Eröffnung oder besser gesagt der Premierenfahrt auf der der 12 Millionen Euro gepolsterten Talabfahrt Gaschurn nichts mehr im Wege. Die offiziellen Feierlichkeiten sind jedenfalls noch kurz vor Weihnachten, nämlich für 19. Dezember geplant. Dann wird, so hoffen die Betreiber, schon der eine oder andere Skifahrer die Neoabfahrt ausgetestet haben. Denn die SiMo plant, sobald es die Bedingungen aufgrund der Coronapandemie erlauben, die Anlagen in Gaschurn für den durchgehenden Betrieb zu öffnen.
Eine schier unendliche Geschichte
Ja, die Talabfahrt Gaschurn – ausgehend vom Skigebiet Silvretta Montafon bis ins Tal – hat eine lange Geschichte: In den ersten Jahrzehnten nach Erschließung des Skigebiets im Jahr 1967 streckte man sich bei der Möglichkeit, mit den Skiern bis nach Gaschurn abzufahren, nach dem Angebot an Schnee. War es ein schneereicher Winter, dann stand dem Wedelvergnügen bis ins Tal, mal auf präparierter Piste, mal im Tiefschnee, nichts im Wege. Schmolz dieser, nutzte man die gegebenen technischen Abstiegshilfen – anfangs war dies eine Einersesselbahn, ab 1986 bot dann die neu erbaute Umlaufseilbahn die bequemere Variante.
Doch mit steigenden Gästezahlen, der Entwicklung der künstlichen Beschneiungstechnik und der einhergehenden verstärkten Forderung nach einer beschneiten Abfahrtsmöglichkeit bis ins Tal, wuchs auch der Druck auf die Verantwortlichen: Doch am Begehren bissen sich zwei Seilbahnbetreiber, unzählige Touristiker und gleich zwei Bürgermeister vorerst die Zähne aus. Der Knackpunkt: Grundeigentümer mussten überzeugt werden, Teil des ambitionierten Projekts zu werden.
Doch offensichtlich wird nach langem Hoffen und Abrackern alles gut. Die jetzigen Seilbahnbesitzer, die Silvretta Montafon, und der dritte Bürgermeister – zwischenzeitlich auch schon Altbürgermeister Martin Netzer – konnten schließlich 2019 die erfreuliche Botschaft, und zwar mit allen Unterschriften der Grundeigentümern versehen, verkünden: Gaschurn bekommt eine gesicherte, präparierte und beschneite Talabfahrt. Umgehend wurden die Arbeiten in Angriff genommen und nun, zu Beginn der Wintersaison 2020/2021, kann durchgestartet bzw. auf präparierter und beschneiter Piste bis ins Tal abgefahren werden.